Die Galoschen des Glückes – 1. Ein Anfang (H. C. Andersen)
Artikelinhalt
Die Galoschen des Glückes – I. Ein Anfang.
Hörspiel Kunstmärchen
Die Galoschen des Glücks I: Ein Anfang | Hans Christian Andersen (Märchen für Kinder)
Inhalt / Zusammenfassung
Die Ausgangssituation der Erzählung beschreibt das kleinbürgerlichen Milieu Kopenhagens. Nämlich als eine Gesellschaft geladener Gäste über recht banale Dinge ernsthaft diskutiert. Dabei stoßen wir als Leser hinzu, als die Herrschaften gerade eines dieser scheinbar oberflächlichen Themen debattieren. Und zwar, dass früher, insbesondere im Mittelalter, alles besser gewesen sei. Doch dass dies vielleicht doch nicht ganz so zufällig besprochen wird, kann der Leser bald darauf erahnen. Denn die Handlung setzt sich nun langsam in Gang, als die Perspektive zu zwei Feen wechselt, welche im Vorraum sitzen. Aber die jüngere ist eine Abgesandte des Glücks und die ältere die Trauer persönlich.
Die Abgesandte des Glücks ist Kammermädchen von einer der Kammerjungfern des Glücks. Da sie Geburtstag hat, wurden ihr ein Paar Galoschen anvertraut, welche über ganz besondere Eigenschaften verfügen. Denn jeder, der diese anzieht, wird an den Ort und in die Zeit versetzt, wo er am liebsten sein möchte. Aber das Kammermädchen ist befugt, diese Gabe des Glücks unter die Menschen zu bringen. Kurz streiten beide Feen, ob die Galoschen des Glücks nun wirklich die Menschen glücklich oder unglücklich machen. Damit wird auch die eigentliche Geschichte eingeleitet.
In einem Hause in Kopenhagen, nicht weit vom Königsneumarkt, war eine Gesellschaft eingeladen, eine sehr große Gesellschaft, um von den Eingeladenen wieder Einladungen zu erhalten. Die eine Hälfte der Gesellschaft saß schon an den Spieltischen, die andere Hälfte erwartete das Ergebnis von dem »Was wollen wir denn nun anfangen?« der Wirtin. So weit war man, und die Unterhaltung kam so gut als möglich in Gang. Unter anderem fiel auch die Rede auf das Mittelalter. Einzelne hielten es für weit hübscher als unsere Zeit, ja der Gerichtsrat Knapp verteidigte die Meinung so eifrig, daß die Frau vom Hause sogleich auf seine Seite übertrat und beide eiferten nun gegen Oersteds Abhandlung im Almanach über alte und neue Zeiten, worin unserm Zeitalter im wesentlichen der Vorzug gegeben wird. Der Gerichtsrat betrachtete die Zeit des Dänenkönigs Hans als die edelste und glücklichste.
Während dies der Stoff der Unterhaltung war, und dieselbe nur auf Augenblicke durch die Ankunft eines Tageblattes unterbrochen wurde, welches nichts enthielt, was zu lesen der Mühe wert gewesen wäre, wollen wir uns in das Vorzimmer hinausbegeben, wo die Mäntel, Stöcke und Galoschen Platz gefunden hatten. Hier saßen zwei Mädchen, ein junges und ein altes. Man hätte glauben können, sie seien gekommen, um ihre weibliche Herrschaft nach Hause zu geleiten; betrachtete man sie aber etwas genauer, so begriff man bald, daß sie keine gewöhnlichen Dienstboten waren, dazu waren die Formen zu edel, die Haut zu fein, der Schnitt der Kleider zu gewagt.
Es waren zwei Feen, die jüngste zwar nicht das Glück selbst, aber ein Kammermädchen einer der Kammerjungfrauen desselben, welche die geringeren Gaben des Glückes umhertragen; die ältere sah etwas finster aus, es war die Trauer. Sie geht immer selbst in höchsteigener Person ihre Geschäfte zu besorgen, dann weiß sie, daß dieselben gut ausgeführt werden. Die beiden Feen erzählten einander, wo sie an diesem Tage gewesen waren. Die Abgesandte des Glückes hatte nur einige unbedeutende Handlungen ausgeführt, einen neuen Hut vorm Regenguß bewahrt, einem ehrlichen Mann einen Gruß von einer vornehmen Null verschafft u.s.w., aber was ihr noch übrig blieb, war etwas ganz Ungewöhnliches.
»Ich kann auch erzählen,« sagte sie, »daß heute mein Geburtstag ist, und zur Ehre desselben sind mir ein paar Galoschen anvertraut, die ich der Menschheit bringen soll. Diese Galoschen haben die Eigenschaft, daß ein jeder, der sie anzieht, augenblicklich an die Stelle und in die Zeit versetzt wird, wo er am liebsten sein will; ein jeder Wunsch, mit Rücksicht auf Zeit, Ort oder Dauer wird sogleich erfüllt, und der Mensch so endlich einmal glücklich hienieden!« »Ja, das magst Du glauben!« sagte die Trauer; »er wird sehr unglücklich und segnet den Augenblick, wo er die Galoschen wieder los sein wird!« »Wo denkst Du hin?« sagte die andere. »Nun stelle ich sie an die Thür, einer vergreift sich und wird der Glückliche!« Sieh, das war das Zwiegespräch.
Original / Text
Interpretation
Während des ersten Teils Ein Anfang des Märchens Die Galoschen des Glückes stellt man uns eine recht oberflächliche Gesellschaft vor, die diskussionsführend vom Justizrat Knap, über die ach so schöne Zeit des Mittelalters schwelgt. Doch es werden erste Tendenzen des Menschen erkennbar, vergangenen Zeiten nachzutrauern. Selbst wenn man diese nicht eigens erlebt hat, so verharrt doch ein Gefühl des ‚Früher war alles Besser‘. Dass eben dies auch Motiv der folgenden Geschichten sein wird, lässt sich mit Erscheinen der Feen für uns Leser erahnen. Denn die beiden stellen die Frage in den Raum, ob die Erfüllung des Wunsches, dahin zu gelangen wo man am liebsten sein möchte, ein Glück oder Unglück wäre. Nun werden die Galoschen uns vorgestellt, die eben dies zu erfüllen vermögen. Jedoch als Versuchung, jeden Ort und jede Zeit besuchen zu können, ist dies nun Fluch oder Segen?
Details
Die Galoschen des Glückes von Hans Christian Andersen ist ein Kunstmärchen in 6 Teilen.
- 1. Ein Anfang
- 2. Wie es dem Gerichtsrat erging
- 3. Des Wächters Abenteuer
- 4. Ein Hauptmoment
- 5. Die Verwandlung des Schreibers
- 6. Das Beste, was die Galoschen brachten
Erschienen ist das Märchen (Sprache: Deutsch) Die Galoschen des Glückes 1863 in Sämmtliche Märchen von . Es ist frei von Urheberrechten in der Märchensammlung Google Book und auf Gutenberg.org. enthalten. Auch das dazu aufgenommene Hörbuch ist kostenlos und zur freien Nutzung auf LibriVox zu finden.